Am 5. März 2014 war es soweit: Meine erste Pilgerreise auf dem Jakobsweg startet. Zudem alleine. Nur ich und dieser anfangs noch zu schwere Rucksack.
Ausgesucht hatte ich mir einen noch nicht so überlaufenen Weg: den Camino del Norte
Leicht war es nicht. Die ersten Schritte sind oft die schwersten. Ich hatte die Hosen ziemlich voll, da habe ich hier schon einmal drüber geschrieben.
Alleine auf dem Camino del Norte
Trotzdem habe ich es getan.
Zum Glück.
Denn es hat sich gelohnt.
Doch wie habe ich es geschafft, meine Ängste zu überwinden und mich auf eine fast vierwöchige Reise alleine durch ein fremdes Land aufzumachen?
Darüber möchte ich jetzt schreiben.
Und vielleicht hilft es dem ein oder anderen ein wenig.
Angst vor dem Alleinreisen überwinden
Was mir letztlich geholfen hat:
- Hoher Leidensdruck: Der Leidensdruck war so groß geworden, dass ich etwas tun musste. Etwas in meinem Leben ändern musste. Das habe ich deutlich gespürt. Denn ich war alles anderes als zufrieden und fühlte mich unfrei. Zudem hatte ich das Gefühl, ich brauche einen größeren Schritt. Ein Gefühl, dass die Alltagsfesseln und Routinen so stark sind, dass ich sie nicht durchbrechen kann. Manchmal braucht es wirklich die Krise, bis man bereit ist, etwas zu ändern. Jemand sagte mal: „Die Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“. Heute bin ich dankbar für diese Krise. Denn sie war der Motor für eine starke Veränderung in meinem Leben und den Sprung auf den Jakobsweg.
- Selbstverantwortung übernehmen: Wie ein Mantra, habe ich mir damals immer wieder vorgelesen und aufgesagt, dass ich alleine derjenige bin, der für mein Leben verantwortlich ist. Niemand anderes wird kommen und etwas für mich ändern oder bewegen. Nur ich allein kann das tun. Diese Sätze hatte ich irgendwo gefunden und sie mir groß an den Schrank gehängt. Wie eine Aufforderung und Warnung zugleich. Ein heilsamer Arschtritt.
Ein heilsamer Arschtritt.“
- Leben ist immer nur hier und jetzt: Ich habe mir klargemacht, dass wir eigentlich immer nur diesen einen Moment haben. Und ich habe mich gefragt: Was wäre, wenn es jetzt vorbei wäre? Ich entdeckte, dass ich dann tot unglücklich gewesen wäre. Ich hatte gelernt, meine Träume immer für später aufzuschieben, mein Geld für später aufzubewahren und zu leben, als hätte ich ewig Zeit. Die Sicherheit hatte Vorrang. Mir immer wieder klarzumachen, dass dieses Denken unglücklich macht und zudem naiv ist, hat mir geholfen. Wer weiß denn überhaupt, ob es ein Morgen gibt? Und was würde es mir bringen, alt zu werden, aber niemals das getan zu haben, was ich wirklich wollte?
- Ein Coach: Ich hatte das Glück, dass ich jemanden fand, der meine Herzenswünsche unterstützte und mir half, gegen meine alten Glaubenssätze („man sollte aber“, „man darf doch nicht“) zu argumentieren.
Indem ich den steigenden Leidensdruck spürte, mir die Selbstverantwortung und das Hier und Jetzt immer wieder klarmachte, ehrlich Zwischenbilanz zog und mir Unterstützung holte, schaffte ich den großen Sprung.
In meinem Fall war er sogar noch größer, als eine fünfwöchige Auszeit auf dem Jakobsweg. Denn ich hatte sogar meinen Job gekündigt und ging dann pilgern. Was ich auch nicht jedem und nicht sofort unreflektiert empfehlen würde, denn da hängt eine Menge dran. Jedenfalls habe ich es getan.
Glücklicherweise.
Denn dieser Sprung hat mich unheimlich wachsen lassen. Doch das ist eine andere Geschichte.
Ich wünsche dir, dass du auch die Kraft findest, wenn du an einem ähnlichen Punkt stehen solltest und mit der Angst ringst.
Buen Camino, Christoph
Hallo Christoph,
ich wollte auch schon vor Jahren gehen, dann kam ein neuer Job und ich konnte nicht. Und dann kam immer eins zum anderen. Und so vergingen die Jahre! 🙁
Eigentlich war geplant das ich dieses Jahr gehe (Sollte jetzt eigentlich fertig sein) aber dann kam Corona.
Jetzt gehe ich fix nächstes Jahr und ich beginne auch mit dem Küstenweg und freue mich schon sehr drauf.
Kann bisher nur den Weg vom Wien bis nach Mariazell (A) auf meiner Pilgerliste verbuchen.
Ich werde alleine gehen, obwohl das in meinem Freundeskreis kaum jemand versteht, aber ich muss auch ein wenig für mich sein, um mir über ein paar Sachen klar zu werden.
Liebe Grüße Michaela
Hallo Christph,
gefällt mir was Du über deine Erfahrungen schreibst und was Dir in der Krise und dem Veränderungsprozess konkret geholfen hat. Danke für Deine offenheit und authentizität, das berührt mich.
Wünsche Dir Power Deinen Weg zu gehen und Menschen dabei zu begleiten.
LG vom Bodensee Claus M.
Hey Claus, danke für deinen Kommentar, das freut mich sehr!
Bis bald, wir sollten noch mal telefonieren 🙂
Lg, Christoph