Zuletzt aktualisiert: April 2022
Die Zeitungsmeldung in voller Länge:
Das Ende seiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg hatte er sich sicher anders vorgestellt: Günther S. (52) wollte nur kurz die letzten Pilgereindrücke mit seiner Facebookgruppe „Jakobsweg Fanatiker“ teilen und ein Foto seiner jüngst erworbenen Pilgerurkunde „Compostela“ von seinem Handy hochladen. Dabei übersah der Deutsche beim Gehen vor lauter Handytipperei den letzten großen Wegweiser am Kap Finisterre hinter Santiago de Compostela und rannte ungebremst in den Monolith.
Durch den Zusammenprall verstauchte er sich nicht nur den Fuß, der laut ärztlichem Befund nun einiger Tage Ruhe bedarf. Schlimmer noch: Günther S. erschreckte sich selbst so sehr beim Unfall, dass er alles fallen ließ. Handy und Pilgerurkunde fielen auf den Boden und rutschten den angrenzenden Hang hinab ins Meer.
Bitter: In seiner schwersten Stunde auf dem Jakobsweg war Günther S. nun allein. Das, was er wochenlang getan hatte, konnte er nun nicht mehr tun: Sich über das Internet mitteilen und verbinden. Denn seine Facebookgemeinde, die ihm seit Wochen von Zuhause treu folgte, konnte er ohne Handy logischerweise nicht von dem Unfall unterrichten. Sowohl den Schmerz über seinen verstauchten Fuß, als auch den Verlust des Mobiltelefons und der Pilgerurkunde, musste Günther S. nun ganz alleine verarbeiten.
„Völlig überfordert“, sei er zunächst mit der Situation gewesen, soll Günther S. nachher gesagt haben. Doch dann habe sie ihn „stark gemacht“, denn er war gezwungen, erstmals mit einem anderen Pilger Kontakt aufzunehmen und diesen um Hilfe zu bitten. Zudem habe er sich zum ersten Mal so richtig „die Natur angeschaut“. Eine Erfahrung, die letztlich „zum Highlight“ seiner Pilgerreise avanciert sei, denn er habe „so stark wie noch nie in meinem Leben die Verbindung mit den anderen Pilgern und dem großen Ganzen gespürt“.
Die Facebookgemeinde des Günther S. reagierte natürlich irritiert, als plötzlich keine aktuellen Statusmeldungen und Fotos des Pilgers mehr im Netz auftauchten. Bis dahin hatte Günther S. mehrmals täglich Eindrücke von seiner Pilgerreise geteilt. Inzwischen hat die Nachricht von Günther S.-Unfall und seiner erfolgreichen Bewältigung aber auch im Internet und seiner Facebookgruppe die Runde gemacht – Günther S. hatte in Santiago ein Internetcafé gefunden.
Anmerkung: Bei diesem Text handelt es sich um eine Satire. 🙂 Auftauchende Charaktere sind fiktional, Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig.
Für manchen vielleicht gar nicht so weit weg von der Realität.