Ursprünglich verfasst im September 2014, zuletzt aktualisiert im April 2022
Kap Finisterre. Eine (für Pharmaindustrie und Couchpotatos) ungeheuerliche Entdeckung wurde gestern am Kap Finisterre, dem sogenannten Ende der Welt, gemacht. Ein weitgereister, ärmlich gekleideter Pilger fand ein neues Heilmittel gegen die Kultkrankheit unserer Zeit, Depression: Laut den Worten des Pilgers soll der sogenannte „Jakobsweg„ Menschen aller Herkunft und unterschiedlichen Leidens binnen weniger Wochen heilen und glücklich machen.
Neben Depressionen sprach der Mann offenbar von Symptomen wie Schlaflosigkeit, Müdigkeit und Gefühlen von Sinnlosigkeit, die auf seltsamste Weise plötzlich verschwunden seien. Bei seiner Erzählung sollen die Augen des Mannes derart stark aufgeleuchtet sein, dass die Beamten prompt einen Alkohol- und Drogentest einforderten. Zu ihrer Überraschung war der Mann aber nüchtern und voll zurechnungsfähig.
Eine Untersuchung durch einen Psychologen bestätigte, dass der Mann, in dessen Akte von ernsthaften Depressionen die Rede ist, tatsächlich wieder „kerngesund und putzmunter“ – so die Worte des Psychologen – sei. Erklärbar sei dies nicht. Zudem gefährde dieses Ereignis den Finanzhaushalt der Pharmaindustrie weltweit.
Es sei nicht auszudenken, was dies für die Konzerne bedeute, wenn zig Tausende Menschen statt den Pillen nun den Jakobsweg vorziehen würden, so ein völlig verzweifelter Sprecher eines renommierten Pharmaunternehmens. Die Rede sei von finanziellen Einbußen in Milliardenhöhe.
Zudem bedeutet die Entdeckung des Wundermittels „Jakobsweg“ auch eine Bedrohung für sämtliche Couchpotatos. Wenn die Prognosen sich bewahrheiten, können sich Hunderttausende Couchliebhaber und Bewegungsmuffel künftig nicht mehr ohne schlechtes Gewissen über die Sinnlosigkeit ihres Lebens beklagen.
Ein Sprecher der Couchpotato-Vereinigung kündigte bereits rechtliche Schritte gegen den „dreist fröhlichen“ Pilger und Entdecker des Wundermittels an.
Auch sollen bereits Drohungen aus dem Netz gegen den Mann vorliegen, sodass die Beamten sich vorsichtshalber seiner Sicherheit annehmen und diesen erst einmal mit auf das Revier nehmen wollten. Der Mann soll jedoch vehement abgelehnt haben unter der Erklärung, er müsse unbedingt noch ein Schreiben namens „Compostela“ abholen und sich sein wohlverdientes Bier gönnen. Erst danach sei er zu weiteren „Verhandlungen und Schandtaten“ bereit, so der Mann.
Aufmerksam geworden auf den Mann waren die Beamten während einer Streiffahrt durch Finisterre bei Einbruch der Dämmerung. Offenbar soll der Mann seine Klamotten nahe des Leuchtturms am Kap Finisterre verbrannt haben. Das Feuer hatte die Polizisten schließlich angelockt und somit auch erst für die Bekanntmachung des Wundermittels gesorgt.
Dieser (augenzwinkernde) Text ist all den schönen Menschen gewidmet, die ich auf meinem Weg kennenlernen durfte. Und er ist natürlich rein fiktiv und keine echte Zeitungsmeldung.
Schön geschrieben! Musste beim Lesen schmunzeln, danke.
Freut mich! 🙂
Es ist absolut keine Sensation!
Jeder Pilger der den langen Weg gegangen ist kennt diese Symptome sehr genau!
Für mich bleibt es unvergessen mit welchen Gefühlen ich nach dem Start in S.J.P.d.P. an der Küste angekommen bin, welchen seelischen Ballast ich Unterwegs abgeworfen habe und welchen Bammel ich vor der Rückkehr in das normale Leben hatte!
Ich zehre immer noch von der Erkenntnis die ich auf dem Camino gewonnen habe!
Hallo Rainer, natürlich ist es keine Sensation.. 🙂 das ist ja das augenzwinkernde, dass das Glück eigentlich direkt um die Ecke liegt, immer auf uns wartend, auf dem Camino oder sonstwo, wenn wir uns einmal überwinden und losgehen.. ich kann deine Worte nur bestätigen, mir geht es ähnlich. Weiter einen guten Weg, Christoph