Das Herz und Unbewusste folgen nicht immer linearen Bahnen. Im Gegenteil: Oftmals scheinen die Wege unserer Intuition völlig unlogisch und irrational, für den Verstand nicht nachvollziehbar, geschweige denn empfehlenswert.
Und doch ist es wesentlich, in diesen „inneren Kämpfen“ dem Bauchgefühl zu vertrauen, und doch hat es Recht, wie ich jetzt wieder einmal habe erfahren dürfen – auch, wenn der Verstand seine ganze perfektionierte Argumentationskunst aufbringt, um diesen nächsten Schritt zu verhindern. Doch es geht hier nicht um Logik. Hier nun eine sehr persönliche Episode meiner Reise.
Ursprünglich veröffentlicht im September 2014, zuletzt aktualisiert im Juli 2021
Nachdem ich in diesem Sommer wieder für eine Weile auf dem spanischen Küstenweg unterwegs war, wechselte ich für den letzten Teil meiner Reise nach Portugal, um auch dort Land, Leute und den Camino kennenzulernen.
Ich verließ also meine neu gewonnenen, aber ins Herz geschlossenen Camino-Freunde in Spanien, mit denen ich einige Tage gemeinsam unterwegs gewesen war. Ich wusste, dass ich gehen musste, auch wenn es schwer fiel. Ansonsten würde ich es später bereuen, nicht meinem eigenen Plan gefolgt zu sein. Also ging ich.
Kurze Zeit später, noch auf der Busreise nach Portugal, begann ich mich müde, schlapp und krank zu fühlen. Ich legte ein paar Tage Pause ein, doch der Zustand hielt an. Nachdem ich dann gerade einen neuen Anlauf gestartet hatte und anderthalb Stunden auf dem Caminho Portugues gelaufen war, musste ich in einem Café Halt machen, um eine Entscheidung zu treffen, denn es wurde nicht besser.
Natürlich ging in meinem Kopf ein ganzer Sturm von Stimmen los, die mich aufforderten und antrieben, weiterzugehen und auch mal auf die Menschen um mich herum zuzugehen. Und es klang ja auch logisch:
In Spanien war ich mit vielen Pilgern in Kontakt und es ging mir gut, hier hingegen lief ich bislang alleine durch die Gegend und hatte nicht wirklich Kontakt aufgebaut. Kein Wunder, dass ich da einsam und unglücklich war! Und doch war da etwas, das mich aufhorchen und innehalten ließ. Etwas, das mich nicht einfach diese Stimmen kaufen ließ.
Kopf und Bauch im Konflikt
Ich hatte in letzter Zeit mehr und mehr gelernt, auf meinen Körper zu hören und diesen auch zu fragen. Also versuchte ich, einen Moment still zu werden und hinzuspüren. Er sagte: „Ist mir egal, was die anderen (Stimmen) sagen und ist mir egal, dass du schon vier Tage Pause eingelegt hast. Wenn du mich fragst: Geh zurück zur ruhigen Pension im letzten Ort und gib mir ein paar Tage Ruhe.“
1 Tag später. Ich sitze auf der Terrasse vor der Bar, die zu jener Pension gehört und schreibe diese Zeilen. Ich trinke meinen Kaffee in der angenehmen Vormittagssonne und spüre meine Lebensgeister wiederkehren. Langsam, aber spürbar. Und ich merke, dass ich wieder Energie bekomme, mit den anderen Dorfbewohnern, die hier ein- und ausgehen, zu reden.
Und: Ich merke, dass ich richtig gehandelt habe. Jetzt, wo wieder Energie in mir ist, merke ich den Unterschied. Ich merke, dass ich krank war und gar nicht fähig, den Camino zu gehen, neue Menschen kennenzulernen, Teil zu nehmen – und dass ich mich weder zu wenig bemüht, noch plötzlich eine Sozialphobie entwickelt oder verlernt habe, alleine zu reisen und das auch zu genießen. Und das alles, was ich gebraucht habe, Ruhe war.
Und weiter noch sehe ich jetzt sogar das Gute in dieser Sache: Denn ich habe nun Zeit, Reiseerlebnisse sacken zu lassen, Gedanken zu sortieren, Freunden zu schreiben, an dem Konzept für das Projekt Rucksackreise zu Dir weiterzuarbeiten und dem Raum zu geben, was sonst zu kurz gekommen wäre. Ein Satz fällt mir dazu ein: Du bekommst nicht immer das, was du willst, aber was du brauchst.
„Ich bin froh, dass ich auf mein Gefühl gehört habe“
Ich bin froh, dass ich auf mein Gefühl gehört habe. Es war die gleiche Wegkreuzung, an der ich bereits einige Male zuvor in meinem Leben gestanden habe, etwa auch bei der Entscheidung, meinen alten Job aufzugeben. Glücklicherweise habe ich mich für den Bauch und gegen das scheinbar Vernünftige entschieden, ohne genau zu wissen, wo mich das hinführen würde.
Es war der Pfad, der noch dunkel und unerschlossen vor mir lag, waehrend der andere Weg breit und absehbar war. Doch eines hatte ich gelernt: Follow your heart und habe Vertrauen, dass sich ein Weg für dich auftun wird. Und jetzt im Nachhinein, wenn ich zurückblicke, kann ich diese Wege sehen, die sich erschlossen haben, waehrend ich sie gegangen bin.
Doch es hört nicht auf und die nächste Weggabelung kommt gewiss. Solange ich aber meinem Bauch vertraue und ihn gewähren lasse, wird er mich leiten, durch die kurvenreichsten und abgelegensten Wege sowie scheinbar irrationalsten Entscheidungen und hin zu mir selbst.